Liebe Mitglieder der Pfarrei Maria Magdalena, liebe Leserin und lieber Leser: „Die Zeit ist erfüllt“!
Mit Bezug auf das Sonntagsevangelium verabschiede ich mich zum 31.01.2021, nach 6,5 Jahren erfüllter Zeit, aus meiner Tätigkeit als Gemeindereferent, die 2014 zunächst in St. Gertrud Engelsdorf begann und in der neugegründeten Pfarrei mündete. Ja, die Zeit war erfüllt: Vom gemeinsamen Beschreiten des Erkundungsprozesses mit der Frage, wozu wir als Kirche vor Ort da sind. Vom gemeinsamen Suchen nach Antworten auf diese Frage und dem Ringen um Altvertrautes und neuer Perspektiven im Leben einer Gemeinde. Von der gemeinsamen Freude über Gelungenes und dem miteinander streiten für die Zukunft. Von großen und kleinen Projekten und vielen, vielen persönlichen Begegnungen und Gesprächen. Und im letzten Jahr zudem die Suche nach neuen (digitalen) Formen des Gemeinde- und Glaubenslebens. Es war eine wahrhaft erfüllte Zeit! Dafür bin ich sehr dankbar! Danken möchte ich aber vor allem jenen, die mit mir all das geteilt haben!
Die Entscheidung diesen Dienst zu verlassen, hat für mich einen tieferen Grund und Sinn. Im Zuge der Neugründung kamen immer mehr Verwaltungsaufgaben auf mich zu, die mit dem Beruf des Gemeindereferenten und Seelsorgers nicht viel zu tun haben. Das beschäftigte mich sehr. Die Kur mit meinen Kindern im Februar 2020 schenkte mir eine Offenbarung, die ich mit Ihnen teilen möchte.
In der Nacht vor dem letzten Sonntag des Kurzeitraums hatte ich einen sehr beklemmenden Traum: Eine Stimme diktierte mir immer und immer wieder den Vers „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ (Mt 5,38). Ich wachte mit dem Gefühl auf, dass ich wohl die Veränderungen meiner beruflichen Tätigkeiten hinnehmen muss. Als im Gottesdienst eben dieses Evangelium vorgetragen wurde, in dem Jesus entgegnet, man solle auch noch die andere Wange hinhalten, wurde mir schlecht. Ich sackte innerlich zusammen und wollte mich meinem scheinbaren Schicksal schon ergeben. Der Priester legte die Schriftstelle auf eine Weise aus, die mir zwar vertraut war, die ich nun aber mit ganz anderen Ohren wahrnahm. Jesus geht es nicht darum, es dem anderen gleich zu tun, sondern kreativ nach neuen Wegen zu suchen, die vielleicht auch überraschen. Und, wenn wir aus der Liebe heraus authentisch nach diesen Wegen suchen, dann werden wir sie auch finden. Das berührte mich tief und machte mich frei. Seit etwa drei Jahren habe ich entdeckt, wie ich meine andere Leidenschaft, die Zusammenarbeit mit Tieren vor allem mit Greifvögeln, in mein seelsorgliches Wirken einbeziehen kann. In meiner Tätigkeit als Schulseelsorger fand ich einen offeneren Raum vor als im Kontext der Gemeinde. In diesen ersten Gehversuchen einer „tiergestützten Seelsorge“ spürte ich, dass ich darin nicht nur mir selbst, sondern dem gerecht werde, was Gott mir für mein Leben geschenkt hat. Die offenbarenden, aufschließenden Worte des Priesters gaben mir Mut und Anlass eben dafür einzustehen. Dabei war mir klar, dass ich dem als Gemeindereferent und Ansprechpartner in St. Gertrud nicht gerecht werden kann, da meine Kräfte und meine Zeit vom Bestehenden und einer Fülle von Erwartungen mehr als ausgeschöpft wurden. So trat ich mit dem Wunsch nach Veränderung an die Personalabteilung heran. Dass sich die Möglichkeit eröffnete, in die Schulseelsorge des Montessori-Schulzentrums in Leipzig-Grünau zu wechseln, sehe ich als ein weiteres großes Geschenk in meinem Leben. Ich freue mich darauf, an diesem Ort für Schüler, Lehrer und Eltern wirksam und der Liebe Gottes ein Gesicht werden zu dürfen.
So geht eine erfüllte Zeit zu Ende und ich weiß, dass sich eine ebenso erfüllende Zeit auf dem neuen Weg anbahnt. Wie die Fischer in ihren Booten folge ich so dem Ruf Jesu. Dass ich dabei nicht alles stehen und liegen lasse wie sie, darum bemühe ich mich in den letzten Wochen und hoffe, dass wir einander verbunden bleiben.
Das Abschiednehmen fällt mir besonders schwer, da es auf persönliche Weise kaum möglich ist. So bleiben mir die Plattformen des Newsletters und der Homepage, um Ihnen alles Gute und den Segen Gottes zu wünschen. In kleinem Rahmen werde ich mich in den Gottesdiensten in Engelsdorf am 30.01. um 18 Uhr und am 31.01. um 9.30 Uhr verabschieden. Ich lade Sie herzlich ein, diese Messen ein letztes Mal mit mir gemeinsam zu feiern! Bitte beachten Sie dabei die Voranmeldung über die Engelsdorfer Homepage und dass auch hier das Hygienekonzept eingehalten werden muss.
Herr, du sättigst das Leben mit deinen Gaben. Dankbar gebe ich dir diese Gemeinde und Pfarrei zurück, die du mir anvertraut hast. Leite sie durch deinen Heiligen Geist! Mach sie zu Gesichtern deiner Liebe, die dich immer wieder neu verkünden, damit sie zum Segen werden für alle. Amen.
Bleiben Sie behütet und aufmerksam für den Ruf des Herrn,
Ihr Gemeindereferent Leonhard Kindermann