Aus dem Osten nach Jeru­sa­lem — eine Weih­nachts­pre­digt 2022 von P. Ste­fan Taeub­ner SJ

Woher bekom­men wir jetzt die not­wen­di­ge Ener­gie? Die­se Fra­ge treibt die Men­schen um in Deutsch­land, seit die bis­he­ri­gen Wege zur Ener­gie­be­schaf­fung unter­bro­chen, unsi­cher und teu­er gewor­den sind. Wird es kalt wer­den auch bei uns im Win­ter? Jetzt schau­en wir über­all um, suchen in frem­den Län­dern, auch im Nahen Osten, nach Gas und Öl, damit es bei uns im Win­ter nicht kalt wird.

Aber die Käl­te, die zieht den­noch lang­sam ein, ein schlim­mes Gefühl: Die Käl­te des Krie­ges, des stän­di­gen Tötens, die Käl­te der Unsi­cher­heit, der Angst vor Ver­lust…, vor finan­zi­el­ler oder per­sön­li­cher Über­for­de­rung. Woher kommt mir da die not­wen­di­ge Ener­gie in mei­nem Leben, damit ich, damit wir leben kön­nen und nicht nur überleben?

Die Bibel berich­tet von einer kal­ten Nacht, drau­ßen, außer­halb der  Stadt, von einer Geburt ohne Her­ber­ge, ohne Pracht und Hil­fen — dort wur­de einer gebo­ren, der „das Licht für die Völ­ker“ genannt  wer­den soll­te, „der Weg und das Leben“ für die Menschen. 

Aber hat­te es jemand gemerkt, was dort drau­ßen, mit­ten in der Ein­sam­keit und Dun­kel­heit geschah?

Die Bibel erzählt wei­ter:  Aus dem Osten kamen Wei­se nach Jeru­sa­lem: Wo ist er, den wir suchen? Wir fol­gen einem Stern. Aber Er ist nicht in Jeru­sa­lem, nicht im Tem­pel, nicht im Palast des Königs Hero­des, wo alles reich, sicher und präch­tig erscheint. Die­ser König wird spä­ter unzäh­li­ge unschul­di­ge Müt­ter und Kin­der abschlach­ten las­sen, aus Angst um sei­ne Macht, so wie es bis heu­te skru­pel­lo­se Mäch­ti­ge tun.

Heu­te kom­men aus dem Osten, dem fer­nen Osten, Viet­na­me­sen nach Deutsch­land, auch nach hier in Sach­sen. Sie suchen Arbeit, Auf­ent­halt, ein neu­es Leben, sie wol­len Fami­li­en grün­den und ihre Hei­mat unterstützen.

Aber auch sie suchen noch etwas mehr, noch etwas ande­res: Wo ist der, der uns Halt gibt in der Frem­de, in der Unsi­cher­heit, wo wir allein unter so vie­len ande­ren Men­schen leben, deren Spra­che wir nicht rich­tig ver­ste­hen. Wo ist der Hal­te­punkt, wo bekom­me ich jetzt Kraft für mei­nen Weg, fern der Heimat?

Dar­un­ter sind auch jun­ge Chris­ten, die ihren Glau­ben aus Viet­nam zu uns mit­ge­bracht haben, und die­sen hier neu leben und bele­ben: Eine rie­si­ge Krip­pe hat­ten sie auf­ge­baut drau­ßen im Kirch­hof – Hl. Fami­lie Leip­zig-Schö­ne­feld, zu Weih­nach­ten 2020, in die­sem Coro­na Jahr, als selbst die Got­tes­häu­ser für vie­le ver­schlos­sen waren. Wo fin­den wir da noch Glauben?

Sie fin­den es, weil sie einen guten Kom­pass aus ihrer Hei­mat mit­brin­gen, der ihnen einen Weg zeigt, den Weg des Glau­bens unter­wegs, drau­ßen, unter­wegs. Mit ihrem Glau­ben an die­sen Jesus fin­den die Viet­na­me­sen auch hier in Deutsch­land einen Anlauf­stel­le, einen Hal­te­punkt der zu ihrem Leben in der Frem­de passt.

Die Viet­na­me­si­sche Gemein­de in Leip­zig, Ber­lin oder Frank­furt wächst und hat Zulauf von jun­gen Men­schen, die dort ihren Glau­ben wie­der­fin­den und gestärkt werden.

Und wir?  Wo fin­den wir neue Ori­en­tie­rung, und Lebens-Ener­gie? Unser Glau­bens­kom­pass erscheint uns oft so ver­al­tet, ver­ros­tet, nicht mehr aktu­ell. Wie fin­den wir den Weg zum Licht, zum Leben, zu der Kraft­quel­le des Glau­bens, die wir doch brauchen?

Viel­leicht kön­nen uns die Men­schen aus dem Osten, die Glau­bens­bo­ten, die Flücht­lin­ge aus Syri­en, aus der Ukrai­ne,  die zu uns kom­men, neu hel­fen etwas zu ent­de­cken, was bei uns oft nur noch in alten, stei­ner­nen Kir­chen oder kunst­vol­len Altar­bil­dern ver­steckt zu sein scheint.

Schau­en wir ein­mal neu hin, fol­gen wir die­sen Stern­deu­tern aus dem Osten, die zu uns kom­men, machen wir uns auf mit ihnen und hören wir neu die­se nie ver­stum­men­de Bot­schaft vom Mensch gewor­de­nen Gott, viel­leicht auf ganz neue, unge­wohn­te Weise.

Fotos: P. Ste­fan Taeub­ner SJ — Seel­sor­ger für Vietnamesen
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